Bericht von Paul Bonhagen
Mit dem Buch „Lauf Junge, lauf“ erzählt Uri Orlev mit der Figur „Jurek“ authentische Erlebnisse von Yoram Fridmann, einem jungen Juden, der aus dem Warschauer Ghetto fliehen kann, durch einen Unfall und Behandlungsverweigerung der Ärzte seinen rechten Arm verliert und doch den Zweiten Weltkrieg überlebt. Bei seinen Fluchterlebnissen trifft er auf Täter, Opfer und Mitläufer des nationalsozialistischen Regimes.
Der Autor Uri Orlev wird 1931 in Warschau geboren, muss eine Zeit im Warschauer Ghetto verbringen, bis er in das Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert wird.
Nach der Befreiung durch die amerikanische Armee gelangt er nach Palästina/Israel, wo er noch heute in Jerusalem wohnt. Mit dem Buch „Die Bleisoldaten“ legt Orlev ein lesenswertes, autobiographisches Werk vor.
Frau Post, Lehrerin an der Fiesenschule in Leer und Mitglied unserer Gesellschaft, hat 2012 in ihrer Masterarbeit über die Umsetzung der Erinnerungskultur im Deutschunterricht das Buch „Lauf Junge, lauf“ als Forschungsgrundlage genommen. Die daraus entstandenen Ergebnisse bildeten die Grundlage für den Deutschunterricht der 7. Klasse an der Friesenschule. Somit konnte sie die Schülerinnen und Schüler anhand des Buchinhaltes und der Person Uri Orlev auf den Besuch der Gedenkstätte Bergen-Belsen fachgerecht einstimmen. Ihre Kontakte zum Autor ermöglichten es den Schülerinnen und Schüler, jeweils zwei Fragen an Herrn Orlev persönlich zu stellen, die er allesamt beantwortet hat.
Mit diesem Grundwissen fuhren die 7. und 10. Klasse in Begleitung von Schulleiter Herrn von Garrel, Herrn Bauer und Frau Post zur Gedenkstätte Bergen-Belsen. Da seitens der Gedenkstätte eine Führung am Besuchstag nicht angeboten werden konnte, vermittelte im Vorfeld der Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Wolfgang Kellner, Frau von Meding, Vorsitzende der AG Bergen-Belsen und selbst pensionierte Lehrerin als sach- und fachkundige Führung, die umsichtig, altersgerecht und emphatisch das Lagerleben und -sterben darstellte.
Nachdenklich waren alle Exkursionsteilnehmer am Ende des Rundgangs, bei der sie erfahren hatten, dass das Konzentrationslager, welches zunächst als „Aufenthaltslager für Austauschjuden“ eingerichtet wurde, zum „Sterbelager“ wurde, in dem die SS-Schergen über 52.000 Menschen sprichwörtlich vor ihren Augen „verrecken“ ließen.
Frau Post wird noch in diesem Monat in Jerusalem bei einem verabredeten Treffen mit Herrn Orlev persönlich die Gelegenheit haben, vom Besuch der Leeraner Schülerinnen und Schüler zu berichten.